Bei Unternehmensübernahmen ist der Goodwill (zu Deutsch: Geschäfts- oder Firmenwert) oft die entscheidende Position, die den Unterschied zwischen dem reinen Substanzwert und dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis ausmacht. Er repräsentiert immaterielle Werte wie einen treuen Kundenstamm, eine starke Marke oder das Know-how der Mitarbeiter – Faktoren, die in der klassischen Bilanz oft unsichtbar bleiben, aber den wahren ökonomischen Wert eines Unternehmens treiben. Doch wie wird dieser „Mehrwert“ korrekt bilanziert? Für Controller und Investoren ist das Verständnis der Unterschiede zwischen der Bilanzierung nach HGB (Handelsgesetzbuch) und IFRS (International Financial Reporting Standards) essenziell, da sie die Gewinn- und Verlustrechnung massiv beeinflussen können.
Was ist der Goodwill in der Bilanz?
Der Goodwill, im Deutschen als Geschäfts- oder Firmenwert bezeichnet, ist ein immaterieller Vermögensgegenstand. Er spiegelt die Ertragserwartungen wider, die über die Verzinsung der einzelnen materiellen und immateriellen Vermögenswerte hinausgehen. Man unterscheidet dabei grundsätzlich zwei Arten:
- Originärer Goodwill: Der selbst geschaffene Firmenwert, der im Laufe der Zeit durch gutes Management, Marketing und Kundenpflege entsteht. Wichtig: Dieser darf nach HGB und IFRS nicht bilanziert werden (Aktivierungsverbot), da ihm keine objektiven Anschaffungskosten gegenüberstehen.
- Derivativer Goodwill: Dieser entsteht nur bei einem entgeltlichen Erwerb eines Unternehmens (Asset Deal oder Share Deal). Er ist die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem neu bewerteten Reinvermögen (Zeitwert der Vermögenswerte abzüglich Schulden). Nur dieser Goodwill ist aktivierungspflichtig.
Berechnung des Goodwills
Die Berechnung des derivativen Goodwills erfolgt im Rahmen der Kapitalkonsolidierung oder beim Einzelabschluss nach einem Asset Deal. Die Grundformel lautet:
Das Ergebnis in der Klammer wird oft als Netto-Reinvermögen zu Zeitwerten (Fair Value of Net Assets) bezeichnet.
Interaktiver Goodwill-Rechner
Nutzen Sie diesen Rechner, um den potenziellen Goodwill einer Transaktion schnell zu ermitteln:
Berechneter Goodwill:
0,00 €Bilanzierung: HGB vs. IFRS im Vergleich
Die Behandlung des Goodwills ist einer der signifikantesten Unterschiede zwischen der nationalen (HGB) und internationalen (IFRS) Rechnungslegung. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Bilanzanalyse und die Darstellung der Ertragslage.
1. Goodwill nach HGB (Handelsgesetzbuch)
Nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB gilt der entgeltlich erworbene Firmenwert als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand. Er muss aktiviert und anschließend planmäßig abgeschrieben werden.
- Abschreibungsdauer: Kann die voraussichtliche Nutzungsdauer verlässlich geschätzt werden, wird über diesen Zeitraum abgeschrieben. Ist keine verlässliche Schätzung möglich, schreibt das Gesetz pauschal eine Nutzungsdauer von 10 Jahren vor (§ 253 Abs. 3 Satz 3 und 4 HGB).
- Auswirkung: Die regelmäßigen Abschreibungen belasten das Jahresergebnis kontinuierlich und mindern den ausgewiesenen Gewinn.
2. Goodwill nach IFRS (International Financial Reporting Standards)
Nach IFRS 3 (Business Combinations) muss der Goodwill ebenfalls aktiviert werden. Im Gegensatz zum HGB ist eine planmäßige Abschreibung jedoch verboten.
- Impairment-Only-Ansatz: Stattdessen muss gemäß IAS 36 mindestens einmal jährlich (oder bei Anlass, sog. "Triggering Events") ein Werthaltigkeitstest (Impairment Test) durchgeführt werden.
- Auswirkung: Solange das Unternehmen erfolgreich wirtschaftet, bleibt der Goodwill in voller Höhe in der Bilanz stehen, was das Eigenkapital und den Gewinn im Vergleich zum HGB schont. Sinkt jedoch der faire Wert unter den Buchwert, drohen massive, außerplanmäßige Abschreibungen, die das Ergebnis eines einzelnen Jahres stark belasten können.
Fazit für die Praxis
Der Goodwill ist mehr als nur eine Restgröße bei der Kaufpreisallokation. Er ist ein Indikator für die Zukunftserwartungen an ein Unternehmen. Während das HGB durch die planmäßige Abschreibung dem Vorsichtsprinzip folgt und stille Reserven abbaut, zielen die IFRS auf eine periodengerechte Darstellung des tatsächlichen wirtschaftlichen Wertes ab. Für die Unternehmensbewertung bedeutet dies: Kennzahlen wie das EBIT können zwischen HGB- und IFRS-Abschlüssen bei akquisestarken Unternehmen stark voneinander abweichen.
Weiterführende Informationen zu den gesetzlichen Grundlagen finden Sie im § 246 HGB oder in den Standards der IFRS Foundation.