Die Normalkostenrechnung: Grundlagen, Vorteile und Anwendungsbeispiele

Hier kommt die Normalkostenrechnung ins Spiel: ein bewährtes Verfahren aus dem internen Rechnungswesen, das zufällige Schwankungen glättet und eine verlässliche Basis für unternehmerische Entscheidungen bietet, wobei betriebswirtschaftliche Prinzipien zur Analyse von Kostenunterdeckung und Kostenüberdeckung genutzt werden. Die Normalkostenrechnung ist dabei eine spezielle Form des Kostenrechnungssystems, die auf durchschnittlichen Kosten basiert.

Die Normalkostenrechnung: Grundlagen, Vorteile und Anwendungsbeispiele

Schwankende Rohstoffpreise und unregelmäßige Auslastung machen die Kalkulation für Unternehmen oft zum Glücksspiel. Wenn die alleinige Nutzung von Istkosten zu stark variierenden Preisen führt, schafft die Normalkostenrechnung Abhilfe. Als bewährtes Instrument des internen Rechnungswesens glättet sie zufällige Preisschwankungen und ermöglicht eine stabile Basis für die Vorkalkulation. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Normalkosten berechnen, wo die entscheidenden Unterschiede zur Istkostenrechnung liegen und wie Sie unseren interaktiven Rechner für Ihre Kalkulation nutzen.

Vergleich der Kostenrechnungssysteme Grafische Darstellung der Unterschiede zwischen Istkosten-, Normalkosten- und Plankostenrechnung bezüglich Zeitbezug und Fokus. Die drei Säulen der Kostenrechnung Zeitbezug: Vergangenheit → Gegenwart → Zukunft Istkostenrechnung Fokus: Vergangenheit Erfasst die tatsächlich angefallenen Kosten einer abgelaufenen Periode. Exakt, aber volatil & langsam Anwendung: Nachkalkulation Normalkostenrechnung Fokus: Gegenwart Nutzt Durchschnittswerte vergangener Istkosten zur Glättung von Schwankungen. Geglättet, pragmatisch & schnell Anwendung: Vorkalkulation Plankostenrechnung Fokus: Zukunft Arbeitet mit prognostizierten Kosten für eine kommende Periode. Prognostizierend & steuernd Anwendung: Budgetierung

Was ist die Normalkostenrechnung? Eine einfache Erklärung

Die Normalkostenrechnung ist ein Verfahren des internen Rechnungswesens, das anstelle der tatsächlich angefallenen Istkosten mit Normalkosten arbeitet. Der Begriff „Normalkosten“ bezeichnet hierbei die Durchschnittswerte der Istkosten vergangener Abrechnungsperioden. Das primäre Ziel dieses Kostenrechnungssystems ist es, zufällige oder saisonale Schwankungen bei Preisen und Verbrauchsmengen (z. B. durch Rabatte, Rohstoffpreisschwankungen oder Produktionsausfälle) zu glätten.

Durch diese „Normalisierung“ entsteht eine stabilere und repräsentativere Kalkulationsgrundlage. Unternehmen können so schneller und einfacher vorläufige Produktpreise ermitteln, ohne auf die oft erst am Periodenende verfügbaren, exakten Istkosten warten zu müssen. Die Normalkostenrechnung stellt somit einen Mittelweg zwischen der reinen Vergangenheitsbetrachtung der Istkostenrechnung und der zukunftsorientierten Plankostenrechnung dar.

Die drei Säulen der Kostenrechnung: Ist, Normal und Plan

Um die Normalkostenrechnung richtig einzuordnen, ist ein kurzer Blick auf die drei zentralen Varianten der Kostenrechnung hilfreich:

  • Istkostenrechnung: Sie erfasst die tatsächlich angefallenen Kosten einer abgelaufenen Periode. Sie ist exakt, aber oft zu langsam für zeitnahe Entscheidungen und spiegelt alle einmaligen Sondereffekte wider. Ihre Hauptanwendung liegt in der Nachkalkulation und Dokumentation.
  • Normalkostenrechnung: Sie verwendet durchschnittliche Istkosten vergangener Zeiträume (meist der letzten 1-3 Jahre), um Normalkosten zu ermitteln. Dieses Verfahren glättet Extremwerte und bietet eine schnelle, pragmatische Grundlage für die Vorkalkulation und Preisbildung während des laufenden Geschäftsjahres.
  • Plankostenrechnung: Sie blickt in die Zukunft und arbeitet mit sorgfältig prognostizierten Plankosten für eine zukünftige Periode. Sie ist das anspruchsvollste Verfahren und dient vor allem der Budgetierung, der Wirtschaftlichkeitskontrolle und der Analyse von Abweichungen zwischen Plan und Ist (Soll-Ist-Vergleich).

Wie werden Normalkosten berechnet? Formel und Beispiel

Die Berechnung der Normalkosten erfolgt in der Praxis meist über sogenannte Normalgemeinkostenzuschlagssätze. Einzelkosten (wie Material für ein bestimmtes Produkt) werden direkt zugeordnet. Die Gemeinkosten (wie Miete, Gehälter der Verwaltung), die nicht direkt einem Produkt zugeordnet werden können, werden über diesen Zuschlagssatz verteilt.

Die Formel für den Normal-Gemeinkostenzuschlagssatz lautet:

\[ \text{Normal-GK-Zuschlagssatz} = \frac{\sum \text{Gemeinkosten}_{\text{Vergangenheit}}}{\sum \text{Bezugsgröße}_{\text{Vergangenheit}}} \times 100 \]

Hinweis: Die Bezugsgröße sind oft die Einzelkosten (z. B. Materialeinzelkosten oder Fertigungslöhne) der gleichen vergangenen Perioden.

Interaktiver Normalkosten-Kalkulator

Nutzen Sie diesen Rechner, um Ihren Normal-Gemeinkostenzuschlagssatz zu ermitteln und die Normalkosten für ein aktuelles Produkt zu berechnen.

Normalkosten-Kalkulator

z.B. Materialeinzelkosten der Vorperioden
Ermittelter Zuschlagssatz 0,00 %
Verrechnete Gemeinkosten 0,00 €
Gesamte Normalkosten 0,00 €

Normalkostenrechnung vs. Istkostenrechnung: Der direkte Vergleich

Der Hauptunterschied zwischen der Normalkostenrechnung und der Istkostenrechnung liegt im Zeitbezug und im Umgang mit Kostenschwankungen. Während die Istkostenrechnung die exakten, aber volatilen Kosten der Vergangenheit abbildet, zielt die Normalkostenrechnung auf einen stabilisierten Durchschnittswert für die laufende Periode ab.

Merkmal Normalkostenrechnung Istkostenrechnung
Datenbasis Durchschnittliche Istkosten vergangener Perioden Tatsächlich angefallene Kosten der aktuellen Periode
Ziel Glättung von Schwankungen, schnelle Vorkalkulation Exakte Nachkalkulation, Kostenkontrolle
Zeitpunkt der Info Zu Beginn der Periode verfügbar Erst nach Ende der Periode verfügbar
Genauigkeit Durchschnittswert, Abweichungen zu Istkosten möglich Exakt für die betrachtete Periode
Ideal für Unternehmen mit schwankenden Beschaffungspreisen/Auslastung Unternehmen mit stabilen Prozessen und Kosten

Am Ende einer Abrechnungsperiode werden die verrechneten Normalkosten den tatsächlich angefallenen Istkosten gegenübergestellt. Die Differenz wird als Kostenüberdeckung (Istkosten < Normalkosten) oder Kostenunterdeckung (Istkosten > Normalkosten) ausgewiesen und muss im Betriebsergebnis korrigiert werden.

Vor- und Nachteile der Normalkostenrechnung Vor- und Nachteile der Normalkostenrechnung Vorteile Schnelligkeit: Schnelle Preisbildung. Glättungseffekt: Keine Verzerrung. Einfachheit: Weniger aufwendig. Stabilität: Konstante Verrechnung. Nachteile Vergangenheitsorientiert: Keine Trends. Ungenauigkeit: Abweichungen. Keine Kontrolle: Keine Soll-Werte.

Vorteile und Nachteile der Normalkostenrechnung im Überblick

Wie jedes betriebswirtschaftliche Verfahren hat auch die Normalkostenrechnung spezifische Vor- und Nachteile, die Unternehmen bei der Wahl ihres Kostenrechnungssystems abwägen müssen.

Vorteile:

  • Schnelligkeit: Die Kalkulationssätze stehen bereits zu Beginn der Periode zur Verfügung, was eine schnelle Preisbildung und Angebotserstellung ermöglicht.
  • Glättungseffekt: Zufällige Ausreißer bei den Kosten (z.B. durch eine teure Eilbestellung) verzerren nicht die Produktkalkulation.
  • Einfachheit: Das Verfahren ist einfacher und weniger aufwendig als die zukunftsorientierte Plankostenrechnung.
  • Stabile Verrechnungspreise: Sie liefert eine konstante Basis für die Bewertung von innerbetrieblichen Leistungen und Beständen.

Nachteile:

  • Vergangenheitsorientierung: Das Verfahren basiert auf alten Daten und berücksichtigt zukünftige Trends (z.B. erwartete Preissteigerungen) nicht.
  • Mögliche Ungenauigkeit: Es entstehen zwangsläufig Abweichungen zwischen Normal- und Istkosten, die am Periodenende analysiert und ausgebucht werden müssen (Kostenunter- oder -überdeckung).
  • Keine Wirtschaftlichkeitskontrolle: Anders als die Plankostenrechnung liefert sie keine Soll-Werte, um die Effizienz der Produktion oder des Verbrauchs zu bewerten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen Normal- und Istkosten?

Istkosten sind die exakten, tatsächlich angefallenen Kosten einer vergangenen Periode. Normalkosten sind hingegen geglättete Durchschnittswerte dieser Istkosten aus mehreren Vorperioden. Der Hauptunterschied ist, dass Normalkosten zufällige Schwankungen eliminieren.

Sind Normalkosten dasselbe wie Sollkosten?

Nein. Normalkosten basieren auf durchschnittlichen Vergangenheitswerten. Sollkosten hingegen sind ein Konzept aus der Plankostenrechnung. Sie geben an, welche Kosten bei der tatsächlichen Produktionsmenge (Ist-Beschäftigung) hätten anfallen dürfen, basierend auf den Plandaten. Sollkosten dienen der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit, Normalkosten der Glättung.

Warum können Istkosten von Normalkosten abweichen?

Abweichungen entstehen, weil die Normalkosten nur ein Durchschnitt sind. Die tatsächlichen Istkosten können aus vielen Gründen abweichen, z.B. durch:

  • Preisschwankungen: Unerwartete Änderungen bei Rohstoff- oder Energiepreisen.
  • Verbrauchsmengen: Höherer oder niedrigerer Materialverbrauch als im Durchschnitt (z.B. durch Ausschuss oder Effizienzgewinne).
  • Beschäftigungsgrad: Änderungen in der Produktionsauslastung beeinflussen die Fixkosten pro Stück.
  • Sondereffekte: Einmalige Ereignisse wie eine teure Reparatur.
Für welche Unternehmen eignet sich die Normalkostenrechnung?

Sie eignet sich besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für Betriebe, deren Kosten starken, aber unregelmäßigen Schwankungen unterliegen. Sie bietet einen guten Kompromiss aus Genauigkeit und Aufwand, insbesondere wenn eine aufwendige Plankostenrechnung nicht praktikabel ist. Professionelle Organisationen wie der Internationale Controller Verein (ICV) bieten hierzu weiterführende Informationen und Standards für die Controlling-Praxis.

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