Ob Handwerker, Dienstleister oder Freiberufler – der Stundenverrechnungssatz (SVS) ist das finanzielle Fundament Ihres Unternehmens. Kalkulieren Sie zu niedrig, arbeiten Sie auf Dauer ins Minus. Setzen Sie den Preis zu hoch an, verlieren Sie Aufträge an die Konkurrenz. In diesem umfassenden Ratgeber erfahren Sie, wie Sie Ihren optimalen Stundenverrechnungssatz Schritt für Schritt berechnen – mit Formel, Praxisbeispiel und einem kostenlosen Online-Rechner.
Was ist der Stundenverrechnungssatz?
Der Stundenverrechnungssatz ist der Preis, den Sie Ihren Kunden für eine Arbeitsstunde in Rechnung stellen. Er ist weit mehr als nur Ihr persönlicher Stundenlohn – er muss sämtliche Betriebskosten decken und einen angemessenen Gewinn ermöglichen.
💡 Wichtig zu verstehen: Der Stundenverrechnungssatz ist nicht gleich dem Stundenverdienst eines Handwerkers. Der auf der Rechnung ausgewiesene Preis enthält neben dem Stundenlohn auch Lohnnebenkosten, Gemeinkosten, Gewinn und Umsatzsteuer.
Bestandteile des Stundenverrechnungssatzes
Die Gesamtkosten der Arbeit, die in den SVS einfließen, umfassen folgende Komponenten:
- Löhne und Gehälter: Grundlohn, Zuschläge, Boni und andere Leistungen
- Lohnnebenkosten: Sozialversicherungsbeiträge, Berufsgenossenschaft, Urlaubsgeld
- Fixkosten: Miete, Fahrzeuge/Leasing, Versicherungen, Werkzeuge/Abschreibungen
- Gemeinkosten: Verwaltung, Buchhaltung, Software, Telefon/Internet
- Gewinnzuschlag: Für Investitionen, Rücklagen und Unternehmerlohn
Die Formel zur Berechnung des Stundenverrechnungssatzes
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Stundenverrechnungssatz berechnen
Schritt 1: Produktive Arbeitsstunden ermitteln
Der erste und wichtigste Schritt ist die Ermittlung der tatsächlich abrechenbaren Arbeitsstunden. Viele Unternehmer unterschätzen, wie wenig Zeit tatsächlich produktiv für Kunden gearbeitet wird.
| Position | Tage/Stunden |
|---|---|
| Kalendertage im Jahr | 365 Tage |
| – Samstage und Sonntage | – 104 Tage |
| – Feiertage (Durchschnitt) | – 10 Tage |
| – Urlaubstage | – 30 Tage |
| – Krankheitstage (Durchschnitt) | – 10 Tage |
| – Weiterbildung | – 3 Tage |
| = Anwesenheitstage | 208 Tage |
| × 8 Stunden pro Tag | = 1.664 Stunden |
| – Unproduktive Zeit (25%) | – 416 Stunden |
| = Produktive Stunden/Jahr | ca. 1.248 Stunden |
⚠️ Unproduktive Zeit nicht vergessen! Zu den unproduktiven Zeiten zählen: Kundenakquise, Angebotserstellung, Buchhaltung, Büroarbeit, Reklamationsbearbeitung, Fahrten zwischen Baustellen und Mitarbeitereinweisung. Gängige Werte liegen bei 20–35%.
Schritt 2: Gesamtkosten erfassen
Erfassen Sie alle Kosten, die durch den Stundenverrechnungssatz gedeckt werden müssen:
Personalkosten
- Bruttolöhne und -gehälter
- Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (ca. 20%)
- Berufsgenossenschaftsbeiträge
- Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Zulagen
- Unternehmerlohn (bei Selbstständigen)
Betriebliche Fixkosten
- Miete für Büro, Werkstatt, Lager
- Fahrzeugkosten (Leasing, Versicherung, Kraftstoff)
- Versicherungen (Betriebshaftpflicht, etc.)
- Abschreibungen auf Werkzeuge und Maschinen
- Software und IT-Kosten
- Telefon und Internet
Gemeinkosten
- Verwaltungskosten
- Marketing und Werbung
- Steuerberatung und Buchhaltung
- Fortbildungskosten
- Sonstige betriebliche Aufwendungen
Schritt 3: Kostensatz berechnen
Teilen Sie die Gesamtkosten durch die produktiven Arbeitsstunden:
Beispielrechnung:
240.000 € Gesamtkosten ÷ 4.284 Stunden = 56,02 € Kostensatz
Schritt 4: Gewinn- und Risikozuschlag addieren
Auf den Kostensatz wird ein Gewinnzuschlag aufgeschlagen. Üblich sind 5–15%, je nach Branche und Marktlage. Zusätzlich kann ein kalkulatorischer Risikozuschlag von ca. 10% einkalkuliert werden.
Mit 10% Gewinnzuschlag:
56,02 € × 1,10 = 61,62 € SVS netto
+ 19% Umsatzsteuer = 73,33 € brutto
Stundenverrechnungssatz Rechner
Nutzen Sie unseren kostenlosen Online-Rechner, um Ihren individuellen Stundenverrechnungssatz schnell und einfach zu berechnen:
🧮 Stundenverrechnungssatz Rechner
📅 Produktive Arbeitszeit
💰 Jährliche Kosten
📈 Gewinn & Zuschläge
Ihr Stundenverrechnungssatz (netto)
58,73 €
Brutto (inkl. 19% MwSt.): 69,89 €
Produktive Stunden/Jahr gesamt
3.780
Gesamtkosten/Jahr
220.000 €
Kostensatz (ohne Gewinn)
58,20 €
Stunden pro MA/Jahr
1.260
Stundenverrechnungssatz im Handwerk: Branchenübersicht
Die Stundenverrechnungssätze variieren je nach Handwerk, Region und Qualifikation erheblich. Hier ein Überblick über typische Werte:
| Gewerk | Stundensatz (netto) | Besonderheiten |
|---|---|---|
| Elektriker | 55–85 € | Hohe Qualifikationsanforderungen |
| SHK (Sanitär, Heizung, Klima) | 40–90 € | Stark abhängig von Spezialisierung |
| Maler & Lackierer | 40–60 € | Oft Pauschalpreise üblich |
| Tischler/Schreiner | 50–75 € | Hohe Maschinenkosten |
| Kfz-Werkstatt | 80–150 € | Teure Diagnosegeräte |
| Dachdecker | 55–80 € | Hohe Versicherungskosten |
🎯 Praxis-Tipp: Laut Handwerkskammer lag der durchschnittliche Stundensatz für einen Handwerksmeister im zweiten Halbjahr 2023 bei etwa 69 Euro, für einen Gesellen bei ca. 61 Euro. Diese Werte dienen als Orientierung – Ihre individuelle Kalkulation kann davon abweichen.
Häufige Fehler bei der Stundensatzkalkulation
Vermeiden Sie diese typischen Kalkulationsfehler:
1. Unproduktive Zeiten unterschätzen
Viele Unternehmer rechnen mit 8 produktiven Stunden pro Tag. Realistisch sind jedoch nur 6–7 Stunden, da Zeit für Büroarbeit, Kundenakquise und Fahrten abgezogen werden muss.
2. Unternehmerlohn vergessen
Selbstständige vergessen oft, sich selbst ein angemessenes Gehalt zu kalkulieren. Auch der eigene Lebensunterhalt muss durch den Stundensatz finanziert werden.
3. Keine Rücklagen für Investitionen
Werkzeuge, Fahrzeuge und Maschinen müssen irgendwann ersetzt werden. Ohne entsprechende Rücklagen fehlt das Geld für notwendige Neuanschaffungen.
4. Am Markt orientieren statt kalkulieren
Wer seinen Preis nur an der Konkurrenz ausrichtet, ohne die eigenen Kosten zu kennen, riskiert langfristig Verluste.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen Stundenlohn und Stundenverrechnungssatz?
Der Stundenlohn ist das, was ein Mitarbeiter pro Stunde verdient. Der Stundenverrechnungssatz hingegen ist der Preis, den der Kunde zahlt. Er enthält neben dem Stundenlohn auch Lohnnebenkosten, Gemeinkosten, Gewinn und Umsatzsteuer.
Wie oft sollte ich meinen Stundenverrechnungssatz überprüfen?
Mindestens einmal pro Jahr oder bei größeren Kostenänderungen wie Lohnerhöhungen, neuen Fahrzeugen/Leasing-Verträgen oder gestiegenen Energiekosten sollten Sie Ihren SVS neu kalkulieren.
Ist der Stundenverrechnungssatz brutto oder netto?
Der berechnete Stundenverrechnungssatz ist ein Netto-Wert. Die Umsatzsteuer (in der Regel 19%) wird bei umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen zusätzlich auf der Rechnung ausgewiesen und an das Finanzamt abgeführt.
Wie viele produktive Stunden hat ein Mitarbeiter pro Jahr?
Nach Abzug von Wochenenden, Feiertagen, Urlaub, Krankheit und unproduktiver Zeit (Büroarbeit, Akquise) bleiben typischerweise 1.250 bis 1.600 produktive Stunden pro Jahr und Mitarbeiter übrig. Im Baugewerbe rechnet man mit 1.480 bis 1.600 Stunden.
Brauche ich als Kleinunternehmer auch einen Stundenverrechnungssatz?
Ja, auch ohne Umsatzsteuer-Ausweis benötigen Sie eine solide Netto-Kalkulation. Nur so wissen Sie, ob Ihre Aufträge profitabel sind und Sie langfristig wirtschaftlich arbeiten können.
Fazit: Der richtige Stundenverrechnungssatz sichert Ihren Erfolg
Ein korrekt kalkulierter Stundenverrechnungssatz ist das finanzielle Rückgrat jedes Handwerks- und Dienstleistungsbetriebs. Er stellt sicher, dass Sie nicht nur Ihre Kosten decken, sondern auch einen angemessenen Gewinn erzielen können.
Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Erfassen Sie alle Kosten vollständig – auch Unternehmerlohn und Rücklagen
- Berechnen Sie die produktiven Stunden realistisch – unproduktive Zeit abziehen!
- Kalkulieren Sie einen angemessenen Gewinn- und Risikozuschlag ein
- Überprüfen Sie jährlich Ihre Kalkulation und passen Sie bei Kostenänderungen an
- Nutzen Sie die Nachkalkulation, um Ihre Preise kontinuierlich zu optimieren
Mit unserem kostenlosen Rechner und dieser Anleitung haben Sie alle Werkzeuge, um Ihren optimalen Stundenverrechnungssatz zu ermitteln. Investieren Sie die Zeit in eine saubere Kalkulation – es zahlt sich langfristig aus!
📊 Tipp für Handwerksbetriebe
Nutzen Sie professionelle Handwerkersoftware, um Ihren Stundenverrechnungssatz direkt in Angebote und Rechnungen zu übernehmen. So behalten Sie Ihre Wirtschaftlichkeit stets im Blick.